Die Mitglieder der Architekturgenossenschaft C/O arbeiten unabhängig, profitieren aber vom geteilten administrativen Aufwand und vom geteilten Wissen. Entsprechend vielfältig ist ihr Portfolio.
Wilde Karte #07 Finalist: Architekturgenossenschaft C/O
Vielleicht beginnt eine neue Baukultur mit neuen Arbeitsweisen. Vielleicht ändert das Wissen darüber, wie etwas entsteht, mit der Zeit auch unseren Blick darauf, wie etwas ist. Mit ziemlicher Sicherheit jedenfalls können weniger Konkurrenz und weniger Isolation, dafür mehr Austausch von Wissen und Erfahrungen eigentlich nur von Vorteil sein – für unsere (un-)gebaute Umwelt, aber auch für den Arbeitsalltag von Architekturschaffenden.
So oder ähnlich lauteten die Überlegungen, die 2021 zur Gründung der Architekturgenossenschaft C/O geführt haben. ‹Architekturgenossenschaft› ist dabei kein klingender Name für ein weiteres Kollektiv, sondern tatsächlich und rechtlich eine Genossenschaft. Die jungen Architekturschaffenden, die sich hier zusammengefunden haben, arbeiten unabhängig, manche allein, manche zu zweit oder zu dritt, manchmal ergibt sich auch eine Zusammenarbeit zwischen zwei Studios. Die Struktur der Architekturgenossenschaft ermöglicht einerseits, administrative Belange wie Buchhaltung und Versicherung gemeinsam zu organisieren und finanziell zu teilen. Andererseits garantiert sie dank der regelmässigen Treffen einen sozialen und fachlichen Austausch zwischen den verschiedenen Mitgliedern mit ihren unterschiedlichen Interessen und Expertisen. «Uns verbindet weniger eine einheitliche architektonische Position als eine gemeinsame Haltung bezüglich Arbeitsverhältnissen, gesellschaftlicher Verantwortung und Wissenstransfer», formuliert es die Architekturgenossenschaft.
Vielfältige Werkliste
Momentan zählt die Architekturgenossenschaft 17 Mitglieder, die Zahl ist allerdings nicht fix. Man darf ein- und auch austreten, ausserdem wird unterschieden zwischen aktiven, das heisst von der Genossenschaft angestellten, und passiven, also zurzeit nicht für die Genossenschaft tätigen Mitgliedern. Entsprechend vielfältig ist die Werkliste, die dank der vielen Zuträgerinnen auch erstaunlich lang ist: Man findet formal überraschende Umbauten von Einfamilienhäusern, etwa das «Fliegende Dach» von Lorenz Bachmann, man findet Projekte wie die in ein kollektives Wohnhaus transformierte Scheune von Charles Capré und Arthur de Buren, man findet zahlreiche innovative Wettbewerbsbeiträge, die in unterschiedlichen Konstellationen erarbeitet worden sind.
In manchen Fällen reicht die kritische Frage, wie wir arbeiten, auch über die Architekturgenossenschaft hinaus, so zum Beispiel beim «Umbau im Kollektiv» von Milena Buchwalder und Sonja Flury (Else): Hier wurde mit den Handwerkerinnen und Handwerkern eine Art Kodex erarbeitet, der die hierarchielose und einheitlich entlöhnte Zusammenarbeit aller garantiert
Spricht man mit den verschiedenen Mitgliedern der Architekturgenossenschaft, spürt man immer wieder die Skepsis gegenüber dem konventionellen Karriereweg oder – grundlegender – gegenüber dem tradierten Berufsbild des Architekten. Weder wollen sie sich in einem der grossen Büros die Sporen abverdienen und mit Fleiss und Ausdauer in der Hierarchie aufsteigen, noch reizt sie der ambitionierte Sololauf mit eigenem Jungbüro. Stattdessen versuchen sie, das Gemeinsame und Geteilte, das sie während des Studiums an der ETH kennen und schätzen gelernt haben, in die Berufstätigkeit zu retten. Das Ziel: «Unseren Beruf auf eine Weise auszuüben, die unseren ethischen Grundsätzen entspricht, die es erlaubt, unsere individuelle Praxis weiterzuentwickeln und dabei Freude zu haben.»
Dass die Freude an der Arbeit am Ende der Arbeit selbst zugutekommt, ist eine Binsenwahrheit. Die Architekturgenossenschaft C/O ruft in Erinnerung, dass diese Binsenwahrheit keine Selbstverständlichkeit ist.