Die Zürcher Ziegeleien feiern 2025 ihr 160-jähriges Bestehen. Grund genug, die Entwicklung des Unternehmens Revue passieren lassen. Im ersten Teil unserer Serie «Geschichte der Zürcher Ziegeleien» blicken wir auf die Ziegeleigeschichte in der Limmatstadt vor der industriellen Revolution zurück.
Am Anfang war der Lehm
Um Ziegel und Backsteine herstellen zu können, braucht es in erster Linie das richtige Rohmaterial: Lehm. Für die Entwicklung der Ziegelindustrie waren die geologischen Bedingungen in Zürich günstig. An den Hängen des Üetlibergs sind ausgedehnte Lehmvorkommen zu finden. Die Entstehung des Gehängelehms am Üetliberg gehört erdgeschichtlich zur jüngeren Vergangenheit. In der letzten Kaltzeit zogen sich die Alpengletscher aus dem Mitteland zurück. Am späteren Zürcher Hausberg blieb eine breite, lehmige Gehängeschutthalde übrig. Im Laufe der Zeit entstand zwischen dem Triemli und der heutigen Zürcher Allmend eine bis zu 50 Meter mächtige Lehmschicht. Diese wuchs so langsam, dass die Vegetation nach jedem grösserem Erdrutsch neu Fuss fassen konnte. Baumstrünke, die beim neuzeitlichen Abbau der Lehmschicht zum Vorschein kamen, zeugen davon. Der Lehmkegel hatte eine Ausdehnung von rund 1500 Metern vom Berg gegen die Sihl gemessen.

Abbau der Lehmlager
Der Abbau des Lehms und seine Verarbeitung zu Ziegeln, Backsteinen und anderen Tonwaren geht schon auf Jahrhunderte zurück. Man nimmt an, dass bereits die Kelten wie auch die Römer als einstige Siedler auf dem Gebiet der heutigen Stadt Zürich Lehm gestochen und mit Hilfe des Feuers Steine und Ziegel gefertigt haben. Der lateinische Ausdruck «tegula» für Dachziegel wurde als Lehnwort in die deutsche Sprache übernommen.

Ziegeleien im alten Zürich
Bereits im 14. Jahrhundert entwickelte sich in der Stadt Zürich ein Zieglergewerbe. Die Verordnung des Rates nach dem Stadtbrand 1313, Bedachungen von Neubauten mit Ziegeln auszuführen, verlieh der Entwicklung der lokalen Ziegeleien Schub. Eine der ersten Ziegelhütten befand sich ursprünglich am Rennwegtor und später im Selnau. Vor allem in Wiedikon entstanden im 15. und 16. Jahrhundert verschiedene Ziegelhütten. Weder die Selnauer noch die Wiediker Hütten lagen in unmittelbarer Nähe der Lehmgruben – im Laubegg und im Binz – sondern sie reihten sich längs der verschiedenen Sihl-Arme. Nicht die Lehmlager bestimmten die Standorte der frühesten Ziegeleien, sondern die Nähe des Flusses und damit die Möglichkeit des billigen Holztransports.


Die städtischen Ziegeleien im Mittelalter und in der frühen Neuzeit waren sogenannte Handziegeleien. Jeder einzelne Ziegel oder Backstein wurde von Hand gefertigt. Dazu presste der Ziegler den zubereiteten Lehm in eine Form aus Holz oder Eisen und strich das überquellende Material mit einem Buchenscheit glatt. Es entstand der Begriff des «Ziegelstreichens». Die noch nassen Ziegel wurden auf Bretter gelegt und erst ins Trockengestell und später in den Brennofen geschoben. Ein geübter Ziegler erreichte so eine Tagesleistung von rund 1000 Dachziegeln oder 1200 bis 1500 Backsteinen. Zum Vergleich: 1870 produzierte die Backsteinfabrik Zürich täglich etwa 25'000 Stück. Bedeutende technische Neuerungen im Zuge der Industrialisierung führten im 19. Jahrhundert zum Niedergang des Handziegelgewerbes. An die Stelle der alten Ziegelhütten traten die mechanischen Ziegelfabriken.
Verwendete Quellen:
- Zürcher Ziegeleien 1912 – 1962, Festschrift. Zürcher Ziegeleien, 1962
- Die Zürcher Ziegeleien gestern, heute, morgen. Zürcher Ziegeleien, 1987
- Vom Ziegelgott zum Industrieelektroniker. Geschichte der Ziegelherstellung von den Anfängen bis heute. Willi Bender, 2004
- Loslassen und anpacken. Hundert Jahre Wandel und Innovation. Von den Zürcher Ziegeleien zur Conzzeta. Karl Lüönd, 2012
- Backsteinstadt Zürich, Der Sichtbackstein-Boom zwischen 1883 und 1914, Wilko Potgeter und Stefan M. Holzer, 2021